Rede
zum Klimaplan von Angelika Esch,
Vorsitzende der
SPD-Fraktion im Rat der Stadt Bonn
„Sehr geehrte Frau
Oberbürgermeisterin, liebe Kolleginnen und Kollegen!
2019 wurde es auf SPD-Antrag beschlossen:
Bonn soll bis 2035 klimaneutral werden. Das ist eine
Herkulesaufgabe, aber wir sind es den Bonnerinnen und Bonnern
und den nachfolgenden Generationen schuldig. Drei Jahre später
liegt uns nun ein Plan vor, wie der Schutz des Klimas und die
Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels umgesetzt werden sollen. Die
Klimakrise ist die existentielle Herausforderung unserer Zeit.
Die Wissenschaft warnt seit den 1970er Jahren vor der globalen
Erhitzung. Und weil diese so komplex ist und alle betrifft,
brauchen wir ein systematisches Vorgehen. Heute wollen wir
gemeinsam erste Schritte zum Schutze unseres Klimas einleiten.
Wir wollen die kommunalen Handlungsmöglichkeiten nutzen und
dabei einen sozialen Schwerpunkt setzen, um alle Menschen
unserer Stadt einzubeziehen.
Der Schutz der Umwelt und des Klimas ist eng
mit der Sozialdemokratie verbunden. „Der Himmel über dem
Ruhrgebiet muss wieder blau werden!“ Das sagte Willy Brandt am
28. April 1961. Für die SPD ist es unabdingbar, dass der Prozess
sozial gerecht gestaltet wird. Soziale Ziele, wie die Schaffung
von bezahlbarem Wohnraum, die Sicherung und Neuerrichtung von
Tageseinrichtungen für Kinder, der Ausbau der OGS oder auch die
Digitalisierung der Schullandschaft dürfen nicht darunter
leiden.
Unser Ziel ist ein sozial gerechter
Klimaschutz, der sowohl den Zusammenhalt der Gesellschaft
fördert als auch bei
konkreten Maßnahmen die soziale Ausgewogenheit garantiert. Denn
klar ist: Die Stärkung
des sozialen Zusammenhalts ist grundlegend
für die Akzeptanz von Klimaschutzmaßnahmen. Gut
gemachter Klimaschutz geht mit einem Mehr an sozialer
Gerechtigkeit einher. Das
ist allein schon deshalb so, weil Umweltzerstörung und
Klimakrise vor allem ärmere Menschen treffen, obwohl sie weniger
Emissionen verursacht haben. Wohingegen Wohlhabende für deutlich
mehr Emissionen verantwortlich sind, aber von deren Auswirkungen
weniger stark betroffen sind. Als
SPD-Ratsfraktion sind wir davon überzeugt, dass sich effektive
Maßnahmen gegen den Klimawandel und Solidarität verbinden
lassen. Bei der sozial-ökologischen Transformation setzen wir
auf eine Politik, die Umwelt und sozialen Zusammenhalt
zusammendenkt und den gesellschaftlichen Zusammenhalt
garantiert.
Bei der genaueren Betrachtung des vorgelegten
Klimaplans ist uns deutlich geworden, dass der Plan in der
vorgelegten Fassung große Schwachstellen im Bereich der sozialen
Gerechtigkeit hat. Für uns sind Klimaschutz- und Sozialpolitik
untrennbar. Daher haben wir in die Beratungen des Klimaplans
einige Änderungsanträge für mehr soziale Gerechtigkeit
eingebracht. Ja, wir brauchen dringend eine mutige Klimapolitik.
Sie wird aber nur dann nachhaltig und erfolgreich sein, wenn sie
sozial gerecht ist und wir alle Menschen mitnehmen.
Ein erster wichtiger Aspekt ist die Arbeit im
Quartier, da Klimaschutz vor Ort passieren muss. Die soziale
Quartiersarbeit muss mit den Klimamaßnahmen zusammen gedacht
werden. Nur so können wir alle Teile der Bonner
Stadtgesellschaft erreichen und auf unserem Weg zur
Klimaneutralität mitnehmen. 1.050.000 Euro pro Jahr stehen im
Klimaplan hierfür insgesamt zur Verfügung.
Ein wichtiges Thema beim Klimaschutz ist das
Heizen. Wer zur Miete wohnt, hat meistens keinen Einfluss auf
die Heizungsanlage. Deshalb haben wir beantragt, dass Menschen
mit Bonn-Ausweis beim Kauf von smarten Thermostaten finanziell
unterstützt werden. Die Thermostate „denken mit“ und regulieren
den Energieverbrauch. Das ist gut fürs Klima und den Geldbeutel!
Für diese Maßnahme stellen wir 50.000 Euro zur Verfügung. In
diesem Zusammenhang sind auch energetische Altbausanierungen
wichtig, da die meisten Altbauten kaum gedämmt sind, was
wiederum für die Mieterinnen und Mieter hohe Kosten verursacht.
Der Klimaplan sieht daher ein Förderprogramm für
Altbausanierungen durch private Vermieterinnen und Vermieter
vor. Für uns steht außer Frage, dass Sanierungen, die durch
unsere Förderprogramme bezuschusst werden, nicht zu
Mietsteigerungen führen dürfen. Deshalb haben wir die Verwaltung
beauftragt, eine rechtssichere Grundlage zu schaffen, wonach die
Vermieterinnen und Vermieter verpflichtet werden, dauerhaft auf
Modernisierungs-Mieterhöhungen aus der bezuschussten Maßnahme zu
verzichten.
Weiter haben wir beantragt, dass es Menschen
mit geringem Einkommen, aber auch Vereinen ermöglicht wird,
durch ein städtisches Darlehen energieeinsparende große
elektronische Geräte, wie zum Beispiel Kühlschränke oder
Waschmaschinen anzuschaffen und die alten Energiefresser
abzugeben. Dies soll in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken und
dem Jobcenter erfolgen.
Erneuerbare Energien sind ein bedeutender
Schlüssel zur Erreichung der Klimaziele, deshalb müssen wir vor
Ort die Potenziale nutzen. Dazu gehört Photovoltaik auf dem
Dach, auf dem Balkon, auf der Freifläche und an Autobahnen. Auch
Windenergiepotenziale wollen wir erneut prüfen, um neue
Möglichkeiten in der Gesetzgebung gegebenenfalls nutzen zu
können. Die Bereitschaft zu mehr Klimaschutz ist in der
Bevölkerung längst vorhanden. Das zeigt sich unter anderem an
unserem extrem erfolgreichen Photovoltaikprogramm. Dieses wurde
auf unsere Initiative auch auf Menschen mit wenig Einkommen und
auch auf Mieterinnen und Mieter zugeschnitten. Die Förderung von
erneuerbaren Energien bauen wir nun aus, indem wir
Bürgerenergiegenossenschaften stärken. Bislang fehlt hier
nämlich die beratende Unterstützung. Deshalb stellen wir
Ressourcen und eine Ansprechperson seitens der Stadt bereit, die
dabei in Vollzeit unterstützend zur Seite steht. Auch die Gelder
für die Öffentlichkeitsarbeit haben wir hier verdoppelt, damit
derartige Projekte auch in der Stadtgesellschaft bekannt werden.
Darüber hinaus gibt es in Bonn bereits heute
viele lokale Initiativen, die mit kleinen finanziellen Mitteln
durch ihr ehrenamtliches Engagement große Effekte erreichen
können. Diesem bürgerschaftlichen Engagement möchten wir mehr
Wertschätzung entgegenbringen und die Ehrenamtlichen weiter
motivieren. Wir bringen ein Projektförderprogramm auf den Weg,
das bis zu 3000 Euro für sozialökologische Klimaprojekte zur
Verfügung stellt. Und das auf eine unbürokratische Art und
Weise, damit ehrenamtlich Aktive möglichst einfach die Mittel
beantragen können. 950.000 Euro pro Jahr sind hierfür innerhalb
des Klimaplans verschoben worden.
Die Stadt Bonn und der Stadtsportbund haben
bereits Maßnahmen ergriffen, um das Thema Nachhaltigkeit im
Sport voranzubringen. Wir haben diese nun um einen weiteren
finanziellen Anreiz für Vereine ergänzt und die
Sportfördermittel um 160.000 Euro erhöht. Dieses Geld soll den
Vereinen direkt zugutekommen. Es soll für nachhaltige
Sanierungen, energie- und wassereinsparende Maßnahmen sowie
umweltfreundliche Veranstaltungsformate genutzt werden.
All das sind Maßnahmen, die unmittelbar
ergriffen werden können. Wir müssen jetzt Handeln und dürfen
nicht nur Konzepte schreiben. Klimaschutz geht uns alle
an. Maßnahmen dürfen nicht einfach nur „von oben“, also von
Verwaltung und Politik kommen. Es braucht eine
gesamtgesellschaftliche Akzeptanz und Sensibilisierung. Deshalb
gehen wir in die Stadtteile, in die Quartiere, zu Vereinen und
Initiativen und unterstützen das zivilgesellschaftliche
Engagement. Soziale und ökologische Projekte aus der
Stadtgesellschaft fördern wir deshalb genauso wie
Klimapatenschaften für Ortsteile durch Vereine oder
Initiativen.
Mit unseren Anpassungen setzen wir einen
Schwerpunkt auf die soziale Gerechtigkeit. Denn nur wenn alle
Menschen mitgenommen werden, können wir das gemeinsame Ziel
erreichen und den größtmöglichen Beitrag der Stadt Bonn dazu
leisten, dass die Klimaerhitzung reduziert wird. Uns ist klar,
dass mit dem Klimaplan allein unser Planet nicht gerettet
wird. Aber wir senden hier ein ganz wichtiges Signal und setzen
den sozialökologischen Grundstein für ein klimaneutrales Bonn in
2035.
Ich halte fest: Klimaschutz ja – aber sozial
gerecht! Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit sind untrennbar.
Ich hoffe, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen das auch so
sehen. Und deshalb bitte ich um breite Zustimmung zum Klimaplan.
Auch, um hier ein Zeichen für die uns nachfolgenden Generationen
zu setzen.
Vielen Dank.“ |